Definition: Sei V ein Vektorraum über ℝ. Eine Abbildung || || : V → ℝ heißt Norm, wenn für alle x, y ∈ V und c ∈ ℝ folgendes gilt:
||x|| = 0 ⇔ x = 0
||c·x|| = |c| · ||x||
||x + y|| ≤ ||x|| + ||y||
Hierbei ist |c| der Betrag der reellen Zahl c.
Aus den drei Bedingungen folgt ||x|| ≥ 0 für alle x ∈ V (siehe Aufgabe 2).
Anschaulich ist die Norm eines Vektors so etwas wie die Länge des Vektors.
Beispiel: Sei V der Vektorraum ℝ2 über ℝ. Dann ist
für alle x = (x0, x1) ∈ ℝ2 eine Norm in ℝ2, die euklidische Norm.
In der geometrischen Interpretation ist ||x|| die Länge des Ortsvektors zum Punkt (x0, x1) in der Ebene.
Die euklidische Norm lässt sich verallgemeinern zur p-Norm.
Definition: Sei p ∈ ℝ mit p ≥ 1. Dann ist
||x||p = (|x0|p + |x1|p)1/p
für alle x = (x0, x1) ∈ ℝ2 eine Norm in ℝ2.
Für p = 2 ergibt sich gerade die euklidische Norm.
Für p = 1 ergibt sich die Betragssummennorm
||x||1 = |x0| + |x1|
Für p → ∞ ergibt sich die Maximumsnorm
||x||∞ = max(|x0|, |x1|)
Die p-Norm lässt sich allgemein für den ℝn definieren:
Definition: Sei p ∈ ℝ mit p ≥ 1. Dann ist
||x||p = ( i=0, ..., n-1 |xi|p )1/p
für alle x = (x0, ..., xn-1) ∈ ℝn eine Norm in ℝn.
Ein Vektorraum V, in dem eine Norm definiert ist, heißt normierter Raum.
Sei K eine Körper und V ein Vektorraum über K. Damit man in V eine Norm definieren kann, ist es erforderlich, dass es in K eine Betragsfunktion gibt.
Definition: Sei K ein Körper. Eine Funktion | · | : K → ℝ ist eine Betragsfunktion, wenn gilt
|x| ≥ 0
|x| = 0 ⇔ x = 0
|x · y| = |x| · |y|
|x + y| ≤ |x| + |y|
für alle x, y ∈ K.
Beispiel: Sei K = ℂ der Körper der komplexen Zahlen. Für z ∈ ℂ mit z = a + bi ist der Betrag folgendermaßen definiert:
Mit dieser Betragsfunktion lassen sich die p-Normen im Vektorraum ℂn über ℂ genau wie im ℝn definieren.
Beispiel: Sei (𝔹, ⊕, ·) der Körper mit den zwei Elementen 0 und 1, der Addition modulo 2 und der Multiplikation modulo 2. Der Betrag von 0 ∈ 𝔹 sei 0 ∈ ℝ, der Betrag von 1 ∈ 𝔹 sei 1 ∈ ℝ. Diese Zuordnung erfüllt die angegebenen Eigenschaften einer Betragsfunktion.
Im Vektorraum 𝔹n über 𝔹 lässt sich dann z.B. die 1-Norm (Betragssummennorm) definieren. Für einen Vektor x ∈ 𝔹n ist die Norm ||x||1 gleich der Anzahl der Einsen in x; so ist etwa
|| 0 1 0 0 1 1 0 ||1 = 3
In der Codierungstheorie wird die Betragssummennorm in 𝔹n als Hamming-Gewicht bezeichnet.
Aus einer Norm in V lässt sich in folgender Weise eine Metrik oder Abstandsfunktion d : V × V → ℝ erzeugen:
d(x, y) = ||x – y||
für alle x, y ∈ V.
Damit ist jeder normierte Raum auch ein metrischer Raum.
Die euklidische Norm erzeugt auf diese Weise den euklidischen Abstand, die 1-Norm den Manhattan-Abstand.
In der Codierungstheorie ist die vom Hamming-Gewicht erzeugte Metrik der Hamming-Abstand.
Aufgabe 1: Sei V ein Vektorraum mit Norm || ||. Zeigen Sie unter Benutzung der Rechenregeln in einem Vektorraum, dass für alle x ∈ V gilt
||x|| = ||-x||
Aufgabe 2: Zeigen Sie, dass aus den drei Bedingungen der Definition der Norm folgt
||x|| ≥ 0
für alle x ∈ V.
Aufgabe 3: Sei x ∈ ℝ4 mit x = 1 2 3 4. Berechnen Sie mit Excel die p-Normen ||x||p für p = 1, 2, 3, 5, 8.
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