Mathematische Grundlagen

Komplexe Zahlen

Die Gleichung x2 + 1 = 0 hat die Lösung x = Wurzel-1; dies ist jedoch keine reelle Zahl. Damit Gleichungen dieser Art lösbar sind, wird der Zahlen­bereich erweitert zu den komplexen Zahlen.

Definition:  Eine komplexe Zahl ist eine Zahl der Form

z = a + bi

mit a, b ∈ ℝ sowie i = Wurzel-1.

Hierbei ist a ∈ ℝ der Realteil Re(z) und b ∈ ℝ der Imaginärteil Im(z) der komplexen Zahl z.

Die Menge der komplexen Zahlen wird mit ℂ bezeichnet.

Die reellen Zahlen ℝ sind eine Teilmenge der komplexen Zahlen ℂ, nämlich diejenigen komplexen Zahlen, deren Imaginärteil 0 ist.

Die reellen Zahlen lassen sich als Punkte auf der Zahlen­geraden ver­anschaulichen, die komplexen Zahlen dagegen als Punkte in der komplexen oder gaußschen Zahlenebene. Hierbei wird eine komplexe Zahl z = a + bi als Koordinaten­paar (a, b) angesehen. Als Beispiel ist in Bild 1 die komplexe Zahl 2.5 – 3i in die komplexe Zahlenebene einge­zeichnet.

 

Bild 1: Darstellung einer komplexen Zahl als Punkt in der Ebene 

Bild 1: Darstellung einer komplexen Zahl als Punkt in der Ebene

 

 

Im Folgenden werden die Regeln für das Rechnen mit komplexen Zahlen angegeben.

Addition

Seien a + bi und c + di komplexe Zahlen. Dann ist

(a + bi) + (c + di)   =   (a + c) + (b + d)i

Sieht man die komplexen Zahlen a + bi und c + di als Paare (a, b) und (c, d) an, so erfolgt die Addition komponenten­weise:

(a, b) + (c, d)   =   (a+c, b+d)

Beispiel:  Es ist

(2.5 – 3i) + (1 + 2i)   =   3.5 – i.

Subtraktion

Seien a + bi und c + di komplexe Zahlen. Dann ist

(a + bi) – (c + di)   =   (a – c) + (b – d)i

Sieht man die komplexen Zahlen a + bi und c + di als Paare (a, b) und (c, d) an, so erfolgt die Subtraktion komponenten­weise:

(a, b) – (c, d)   =   (a-c, b-d)

Multiplikation

Seien a + bi und c + di komplexe Zahlen. Dann ergibt sich das Produkt durch Aus­multiplizieren:

(a + bi) · (c + di)   =   ac + adi + bci – bd   =   (ac – bd) + (ad + bc)i

Beispiel:  Es ist

(2.5 – 3i) · (1 + 2i)   =   8.5 + 2i.

Konjugierte Zahl

Definition:  Sei z  =  a + bi eine komplexe Zahl. Dann ist

z  =  a – bi

die zu z konjugierte Zahl. Der Imaginärteil wird also einfach negativ genommen.

Offenbar gilt

z  =  z

Ferner gilt für reelle Zahlen x, also für x ∈ ℝ

x  =  x

Betrag

Der Betrag einer komplexen Zahl lässt sich als Abstand des ent­sprechenden Punktes vom Nullpunkt in der komplexen Zahlenebene deuten.

Sei z  =  a + bi eine komplexe Zahl. Dann ist

|z|   =   Wurzela2 + b2

der Betrag von z. Der Betrag ist eine nicht­negative reelle Zahl. Der Betrag von z ist genau dann 0, wenn z = 0 ist.

Beispiel:  Der Betrag von 2.5 – 3i ist ungefähr 3.095.

Der Betrag einer komplexen Zahl z = a + bi lässt sich mithilfe der konjugierten Zahl z = a – bi ausrechnen. Es gilt

z · z   =   a2 + b2   =   |z|2

Indem also eine komplexe Zahl mit ihrer konjugierten Zahl multi­pliziert wird, ergibt sich das Quadrat ihres Betrags. Damit ergibt sich der Betrag einer komplexen Zahl z als

|z|   =   Wurzelz · z

Kehrwert

Die konjugierte Zahl spielt auch bei der Berechnung des Kehrwertes einer komplexen Zahl eine Rolle. Zunächst ist ja nicht klar, welche komplexe Zahl der Bruch

1
a + bi

darstellt. Der Trick besteht darin, diesen Bruch mit der konjugierten Zahl des Nenners zu erweitern.

Sei z eine komplexe Zahl mit z ≠ 0. Für den Kehrwert von z gilt

1
 z 
mit der konjugierten Zahl von z erweitern   =   
1 · z
 z · z 
   =   
z
|z|2

 

Da |z|2 eine reelle Zahl ist, lässt sich das Ergebnis hierdurch kürzen.

 

Beispiel:  

1
3 + 4i
mit der konjugierten Zahl des Nenners erweitern   =   
   1   ·   (3 - 4i)
(3 + 4i)·(3 - 4i)
   =   
3 - 4i
32 + 42
   =   
3 - 4i
25
   =   
3
25
 – 
4
25
i

 

Bemerkung:  Bei einer komplexen Zahl mit dem Betrag 1 ist der Kehrwert gleich der konjugierten Zahl.

Division

Die Division lässt sich auf Multi­plikation mit dem Kehrwert zurückführen. Seien w und z komplexe Zahlen mit z ≠ 0. Dann ist

 w
 z
   =   
w · z
|z|2

Regeln

Satz:  Für alle w, z ∈ ℂ gilt

 

w · z   =   wz

Beweis:  Seien w = a + bi und z = c + di. Durch Aus­multiplizieren der ent­sprechenden konjugierten Zahlen ergibt sich das konjugierte Produkt der Zahlen:

 

w · zeinsetzen   =   (a – bi) · (c – di)ausmultiplizieren   =   ac – adi – bci – bdzusammenfassen   =   (ac – bd) – (ad + bc)i

 

 

Definition von konjugiert   =   (ac – bd) + (ad + bc)iausklammern   =   (a + bi) · (c + di)einsetzen   =   wz

 

Für x ∈ ℝ gilt x = x. Daher ergibt sich folgendes Korollar:

Korollar:  Für alle x ∈ ℝ, z ∈ ℂ gilt

 

x · z   =   x · z   =   xz

Satz:  Für alle z ∈ ℂ mit z ≠ 0 gilt

1 / z   =   1 / z

d.h. der konjugierte Kehrwert der Zahl ist gleich dem Kehrwert der konjugierten Zahl.

Beweis:  Der Wert 1/|z|2 ist eine reelle Zahl. Mit Hilfe des Korollars und der Formel für den Kehrwert lässt sich der Beweis wie folgt führen:

 

1 / zFormel für den Kehrwert   =   1/|z|2 · zKorollar   =   1/|z|2 · z   =   z / |z|2Formel für den Kehrwert   =   1 / z

 

Mit Hilfe des ersten Satzes lässt sich folgender Satz zeigen:

Satz:  Für alle w, z ∈ ℂ gilt

 

|w| · |z|   =   |wz|

Beweis:  Es ist

|w| · |z|Formel für den Betrag   =   Wurzelw·w · Wurzelz·z   =   Wurzelw·z·w·zSatz 1   =   Wurzelwz · wzFormel für den Betrag   =   |wz|

Komplexe Zahl als Exponent

Eine natürliche Zahl n als Exponent bei einer Potenz, zum Beispiel an, bedeutet ja, dass die Basis a entsprechend oft, also n-mal mit sich selbst multi­pliziert wird:

an   =   a · a · ... · a   (n-mal)

Hieraus ergeben sich die Regeln der Potenz­rechnung:

an · am   =   a · a · ... · a   ·   a · a · ... · a   (insgesamt n+m-mal)   =   an+m

Für n < m gilt

an / am   =   
a · a · ... · a   (n-mal)
a · a · ... · a   (m-mal)
   =   
1
a · a · ... · a   (m-n-mal)
   =   
1
am-n
   =   a-(m-n)   =   an-m

(an)m   =   (a · a · ... · a) · ... · (a · a · ... · a)   (insgesamt n·m-mal)   =   an·m

Bei anderen als natürlichen Zahlen ist diese anschauliche Bedeutung nicht mehr haltbar; stattdessen wird die Bedeutung in geeigneter Weise definiert.

a0  =  1

ax   =   
1
ax

a1/2  =  Wurzela

Was aber ist a i ?

Hier geht es nicht anders, als die Potenzreihen-Entwicklung der Exponential­funktion ex heran­zuziehen:

ex   =   
x0
0!
 + 
x1
1!
 + 
x2
2!
 + 
x3
3!
 + 
x4
4!
 +  ... 

Mit x = i ergibt sich

e i   =   1 +  i
-1
2!
 + 
-i
3!
 + 
1
4!
 + 
i
5!
 +  ...    =   1 – 
1
2!
 + 
1
4!
 –  ...   +   i ·(1 – 
1
3!
 + 
1
5!
 –  ... )   =   cos(1) + i·sin(1)

Hierbei wird die Potenzreihen-Entwicklung der Kosinus- und Sinus­funktion verwendet.

Mit 2 = eln(2) ergibt

2 i   =  ei·ln(2)   =   cos(ln(2)) + i·sin(ln(2))

Wenn der Exponent eine komplexe Zahl ist wie zum Beispiel 3 + 2i, dann ist

23 + 2i   =   23 · 22i   =   8 · e i·2·ln(2)   =   8 · (cos(2·ln(2)) + i·sin(2·ln(2)))

Polar­koordinaten

Die komplexe Zahl cos(x) + i·sin(x) liegt in der komplexen Ebene im Abstand 1 vom Nullpunkt mit einem Winkel x.

Für die komplexe Zahl au + iv bedeutet dies:

 

Weiter mit:   [up]

 


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Created: 13.01.2004   Updated: 10.02.2023
Diese Webseiten sind während meiner Lehrtätigkeit an der Hochschule Flensburg entstanden