Mathematische Grundlagen

Gruppe

Eine Gruppe ist eine häufig vorkommende mathe­matische Struktur. Sie besteht aus einer Menge, deren Elemente sich verknüpfen lassen. Außerdem gelten drei sogenannte Gruppen­axiome: Die Verknüpfung ist assoziativ, es ist ein neutrales Element vorhanden und jedes Element hat ein inverses Element.

Verknüpfung

Definition:  Sei M eine Menge. Eine Verknüpfung auf M ist eine Abbildung

 •   :  M × M → M,

die je zwei Elementen a, b ∈ M ein Element c ∈ M zuordnet. Die Schreibweise ist

a • b  =  c.

Wenn die Menge M endlich ist, lassen sich die Ergebnis­werte der Verknüpfung in Form einer Ver­knüpfungstafel angeben.

Definition:  Eine Ver­knüpfungstafel ist eine Tabelle, die für alle Elemente a, b ∈ M das Ergebnis der Verknüpfung a • b in Zeile a und Spalte b enthält.

Beispiel:  Sei M die Menge 𝔹 = {0, 1}. Auf 𝔹 sei eine Verknüpfung ⊕ in folgender Weise definiert:

 

01
001
110

Das Ergebnis von 1⊕0 beispiels­weise ergibt sich als Eintrag in Zeile 1 und Spalte 0, nämlich als 1⊕0 = 1.

Beispiel:  Die Menge M sei die Menge ℕ der natürlichen Zahlen. Dann sind + (Addition), · (Multi­plikation) und "hoch" (Potenzierung) Ver­knüpfungen.

Welche Zahl das Ergebnis der Verknüpfung etwa von 5 + 3 oder von 7·4 oder von 23 ist, müssen wir im Allgemeinen ausrechnen (um 3 weiterzählen von 5 aus, die 7 viermal addieren, bzw. die 2 dreimal mit sich selbst multi­plizieren). Schneller geht es, wenn wir die Ver­knüpfungstafeln der einstelligen Zahlen auswendig lernen (z.B. kleines Einmaleins). Für die Verknüpfung von größeren Zahlen gibt es die Rechen­verfahren der Arithmetik (Kopfrechnen, schrift­liches Addieren und Multi­plizieren).

Eigen­schaften von Ver­knüpfungen

Es kommt bei einer Verknüpfung im Allgemeinen auf die Reihenfolge der Elemente an. Ver­knüpfungen, bei denen es nicht auf die Reihenfolge ankommt, heißen kommutativ.

Definition:  Sei M eine Menge mit einer Verknüpfung  • . Die Verknüpfung  •  heißt kommutativ, wenn für alle Elemente a, b ∈ M gilt

a • b  =  b • a.

Beispiel:  Die oben angegebenen Ver­knüpfungen ⊕, + und · sind kommutativ. Die Verknüpfung "hoch" ist jedoch nicht kommutativ, denn es ist z.B. 23 = 8, aber 32 = 9.

Wenn wir nicht nur zwei, sondern drei Elemente a, b, c miteinander verknüpfen wollen, gehen wir wie folgt vor: wir verknüpfen die ersten beiden Elemente, und das Ergebnis verknüpfen wir mit dem dritten Element (Auswertung von links nach rechts):

(a • b) • c.

Wir hätten jedoch auch erst das zweite und dritte Element verknüpfen und dann das erste Element mit diesem Ergebnis verknüpfen können (Auswertung von rechts nach links):

a • (b • c).

Welche Art der Auswertung ist die richtige? Nun, es stellt sich heraus, dass es bei vielen Ver­knüpfungen egal ist: in beiden Fällen kommt dasselbe Ergebnis heraus. Derartige Ver­knüpfungen heißen assoziativ.

In den anderen Fällen muss man sich auf eine Auswertungsart einigen, z.B. Auswertung von links nach rechts, oder durch Klammern die Reihenfolge der Auswertung vorschreiben.

Definition:  Sei M eine Menge mit einer Verknüpfung  • . Die Verknüpfung  •  heißt assoziativ, wenn für alle Elemente a, b, c ∈ M gilt

(a • b) • c  =  a • (b • c).

Beispiel:  Die oben angegebenen Ver­knüpfungen ⊕, + und · sind assoziativ. Die Verknüpfung "hoch" ist jedoch nicht assoziativ, denn es ist z.B. (22)3 = 43 = 64, aber 2(23) = 28 = 256.

Aufgabe 1:  Sei M die Menge ℤ der ganzen Zahlen. Welche Eigen­schaften hat die Verknüpfung "–"  (Subtraktion)?

assoziativ   ja   nein    ?
kommutativ   ja   nein    ?

Halbgruppe

Im Folgenden bezeichnen wir eine Menge M, auf der eine Verknüpfung  •  definiert ist, mit (M,  • ). Wir betrachten nun Eigen­schaften solcher Mengen. Je nach dem, welche von insgesamt vier Eigen­schaften erfüllt sind, bilden diese Mengen unter­schiedliche mathe­matische Strukturen. Die einfachste dieser Strukturen ist die Halbgruppe. Bei einer Halbgruppe wird lediglich verlangt, dass die Verknüpfung assoziativ ist.

Definition:  Eine Menge mit einer assoziativen Verknüpfung ist eine Halbgruppe.

Beispiel:  Sei A ein Alphabet und A+ die Menge der nichtleeren Wörter über dem Alphabet. Auf A+ sei die Verkettung von Wörtern als Verknüpfung  •  definiert. Zwei Wörter werden verkettet, indem sie einfach hintereinander geschrieben werden, z.B.

ab  •  aacc = abaacc.

Die Verknüpfung ist offen­sichtlich assoziativ. Die Menge A+ mit der Verkettung als Verknüpfung bildet daher eine Halbgruppe.

Die Menge der natürlichen Zahlen mit der Addition (ℕ, +) ist eine Halbgruppe. Ebenso ist (ℕ, ·) eine Halbgruppe.

Monoid

Definition:  Eine Halbgruppe (M,  • ) ist ein Monoid, wenn sie ein neutrales Element enthält. Ein Element e ∈ M heißt neutrales Element, wenn für alle a ∈ M gilt

e • a  =  a • e  =  a.

Das neutrale Element wird auch als Nullelement oder als Einselement bezeichnet, je nach dem, ob die Verknüpfung als Addition oder als Multi­plikation verstanden wird.

Beispiel:  Die Menge A* der Wörter über einem Alphabet A (einschließ­lich des leeren Wortes ε) mit der Verkettung als Verknüpfung ist ein Monoid. Das leere Wort ε ist das neutrale Element, denn es gilt

ε • w  =  w • ε  =  w   für alle Wörter w ∈ A*.

Sei X eine Menge und ℘(X) die Potenzmenge von X, d.h. die Menge aller Teilmengen von X. Dann ist ℘(X) mit der Vereinigung von Mengen  ∪  als Verknüpfung und der leeren Menge  ∅  als neutralem Element ein Monoid.

Die Menge der natürlichen Zahlen mit der Multi­plikation (ℕ, ·) ist ein Monoid mit der 1 als neutralem Element. Die Menge der natürlichen Zahlen einschließ­lich der Null mit der Addition (ℕ0, +) ist ein Monoid. Die Null ist das neutrale Element bezüglich der Addition. Ferner ist (𝔹, ⊕) ein Monoid mit der 0 als neutralem Element.

Satz:  Sei (M,  • ) ein Monoid. Dann ist das neutrale Element eindeutig bestimmt, d.h. es gibt nicht mehrere neutrale Elemente in (M,  • ).

Beweis:  Seien e und f neutrale Elemente. Dann gilt

f  =  e • f  =  e,

denn f  =  e • f, weil e neutral ist, und e • f  =  e, weil f neutral ist.

Im Folgenden schreiben wir ein Monoid M mit Verknüpfung  •  und neutralem Element e als Tripel (M,  • , e). So sind beispiels­weise (℘(X),  ∪ ,  ∅ ), (ℕ, ·, 1), (ℕ0, +, 0) sowie (𝔹, ⊕, 0) Monoide.

Gruppe

Definition:  Ein Monoid (M,  • , e) ist eine Gruppe, wenn es zu jedem Element a ∈ M ein inverses Element in M gibt. Ein Element a' ∈ M heißt invers zu a ∈ M, wenn

a • a'  =  e

ist, d.h. wenn die Verknüpfung von a und a' das neutrale Element e ergibt.

Beispiel:  Die Menge der ganzen Zahlen mit der Addition (ℤ, +, 0) ist eine Gruppe. Zu jeder Zahl a ist -a das inverse Element.

Die Menge (𝔹, ⊕, 0) ist eine Gruppe. Die 0 und die 1 sind jeweils zu sich selbst invers.

Satz:  Sei (M,  • , e) eine Gruppe. Für jedes a ∈ M gilt: wenn a' zu a invers ist, dann auch a zu a'.

Beweis:  Sei zunächst a'' das zu a' inverse Element, d.h. a' • a'' = e. Dann ist

ae ist neutrales Element   =   a • eEinsetzen für e   =   a • a' • a''a und a' sind invers zueinander   =   e • a''e ist neutral   =   a''

d.h. a = a'' ist zu a' invers.

Abelsche Gruppe

Definition:  Eine Gruppe (M,  • , e) heißt abelsche Gruppe (nach N.H. Abelzur Person), wenn die Verknüpfung  •  kommutativ ist, d.h. wenn für alle Elemente a, b ∈ M gilt

a • b  =  b • a.

Beispiel:  (ℤ, +, 0) ist abelsche Gruppe.

Die additive Gruppe modulo n (ℤn, +n, 0) ist eine abelsche Gruppe. Die Menge ℤn besteht aus den ganzen Zahlen 0, ..., n-1. Die Verknüpfung +n bezeichnet die Addition modulo n.

Die multi­plikative Gruppe modulo n (ℤn*, ·n, 1) ist eine abelsche Gruppe. Die Menge ℤn* besteht aus allen Elementen von ℤn, die teilerfremd zu n sind. Die Verknüpfung ·n bezeichnet die Multi­plikation modulo n.

Die Menge aller Permutationen von n Elementen mit der Komposition (Hinter­einanderausführung von Abbildungen) als Verknüpfung ist eine Gruppe, jedoch keine abelsche Gruppe.

Zusammenfassung

Eine Gruppe ist zunächst eine Menge M, auf der eine Verknüpfung  •  definiert ist. Eine Verknüpfung ist eine Abbildung von M × M in M. Es müssen darüber hinaus drei Eigen­schaften erfüllt sein, diese heißen die Gruppen­axiome:

  • die Verknüpfung ist assoziativ,
  • es gibt ein neutrales Element,
  • jedes Element hat ein inverses Element.

Bei einer abelschen Gruppe gilt zusätzlich:

  • die Verknüpfung ist kommutativ.

Literatur

[Lan 21]   H.W. Lang: Vorkurs Informatik für Dummies. Wiley (2021)

Lesen Sie zum Thema Gruppe auch Kapitel 18 in meinem Buch Vorkurs Informatik für Dummies.

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Created: 28.08.2000   Updated: 10.02.2023
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