Das grundlegendste Konzept in der Mathematik ist die Mengenlehre.
Definition: Eine Menge ist eine Zusammenfassung von wohlbestimmten und wohlunterschiedenen Objekten zu einem Ganzen (G. Cantor, 1895).
Die Objekte einer Menge A heißen Elemente von A.
Durch Mengenbildung wird aus mehreren Objekten ein neues Objekt gemacht, die Menge.
Schreibweise:
a ist Element der Menge A: | a ∈ A | (Elementzeichen) | ||
A besteht aus den Elementen a, b und c: | A = {a, b, c} | (Mengenklammern) |
Beispiel: Beispiele für Mengen sind:
{4, 5, 7}
{1, 2, 3, 4, ... } (eine Menge mit unendlich vielen Elementen)
{ {a}, {a, b} } (eine Menge, deren Elemente wiederum Mengen sind)
{ } = ∅ (leere Menge)
{ ∅ } (eine Menge, deren einziges Element die leere Menge ist)
Für die grundlegenden Mengen von Zahlen werden folgende Bezeichnungen verwendet:
ℕ = { 1, 2, 3, ... } (natürliche Zahlen)
ℕ0 = { 0, 1, 2, 3, ... } (natürliche Zahlen einschließlich der Null)
ℤ = { ..., -3, -2, -1, 0, 1, 2, 3, ... } (ganze Zahlen)
ℚ (rationale Zahlen)
ℝ (reelle Zahlen)
ℂ (komplexe Zahlen)
Es ist auch möglich, Objekte mit einer gemeinsamen Eigenschaft E(x) zu einer Menge zusammenzufassen.
Schreibweise: { x | E(x) } (die Menge aller x, für die E(x) gilt)
Beispiel:
{ n | ∃ k ∈ ℕ : k2 = n } = {1, 4, 9, 16, 25, ...} (Quadratzahlen)
{ x | x ∈ ℕ ∧ x < 5 } = {1, 2, 3, 4} (alle natürlichen Zahlen, die kleiner als 5 sind)
{ x | x ≠ x } = ∅ (leere Menge)
Gehört zu der gemeinsamen Eigenschaft E(x), dass x aus einer schon vorhandenen Grundmenge stammt oder dass x durch Anwendung einer Operation zustande kommt, so lässt sich die Schreibweise abkürzen (vergl. gegenüber vorigem Beispiel)
Beispiel:
{ x ∈ ℕ | x < 5 } = {1, 2, 3, 4}
{ k2 | k ∈ ℕ } = {1, 4, 9, 16, 25, ...}
Definition: Seien A und B Mengen.
Die Vereinigung von A und B ist die Menge
A ∪ B = { x | x ∈ A ∨ x ∈ B }.
Der Durchschnitt von A und B ist die Menge
A ∩ B = { x | x ∈ A ∧ x ∈ B }.
Die Differenz von A und B ist die Menge
A \ B = { x | x ∈ A ∧ x ∉ B }.
Beispiel:
{1, 3, 5} ∪ {1, 2, 3} = {1, 2, 3, 5}
{1, 3, 5} ∩ {1, 2, 3} = {1, 3}
{1, 3, 5} \ {1, 2, 3} = {5}
Definition: Zwei Mengen A und B heißen disjunkt, wenn A ∩ B = ∅ gilt, d.h. wenn ihr Durchschnitt die leere Menge ist.
Satz: (Rechenregeln)
Für alle Mengen A, B, C gilt:
(A ∪ B) ∪ C = A ∪ (B ∪ C) | (Assoziativität) | |
(A ∩ B) ∩ C = A ∩ (B ∩ C) | ||
A ∪ B = B ∪ A | (Kommutativität) | |
A ∩ B = B ∩ A | ||
A ∪ A = A | (Idempotenz) | |
A ∩ A = A | ||
A ∪ (B ∩ C) = (A ∪ B) ∩ (A ∪ C) | (Distributivität) | |
A ∩ (B ∪ C) = (A ∩ B) ∪ (A ∩ C) |
Definition: Seien A und B Mengen. A ist enthalten in B oder A ist Teilmenge von B, wenn alle Elemente von A auch Elemente von B sind:
A ⊆ B ⇔ ∀ x : (x ∈ A ⇒ x ∈ B).
Beispiel:
{1, 5} ⊆ {1, 3, 5}
{2, 4, 6, 8, ... } ⊆ ℕ
{1, 2, 3} ⊆ {1, 2, 3}
Satz: Es gelten folgende Beziehungen für alle Mengen A, B, C :
A ⊆ A,
A ⊆ B ∧ B ⊆ A ⇔ A = B,
A ⊆ B ∧ B ⊆ C ⇒ A ⊆ C
sowie
∅ ⊆ A.
Oft ist eine bestimmte Grundmenge G fest vorgegeben, z.B. G = ℕ, und wir betrachten eine Teilmenge A ⊆ G. Dann wird die Differenz G \ A, also die Menge aller Elemente von G, die nicht zu A gehören, als das Komplement von A bezeichnet.
Definition: Sei G eine vorgegebene Menge und sei A ⊆ G. Dann ist
A = G \ A = { x ∈ G | x ∉ A }
das Komplement der Menge A.
Satz: (Rechenregeln)
Für die Grundmenge G sowie für alle Mengen A, B ⊆ G gilt:
G = ∅
A = A
A ∪ A = G
A ∪ ∅ = A
A ∪ G = G
Die letztgenannte Rechenregel wird als Regel von De Morgan bezeichnet.
Indem in den obenstehenden Regeln G und ∅ sowie ∪ und ∩ vertauscht werden, ergeben sich weitere, entsprechende duale Regeln.
Definition: Die Potenzmenge einer Menge A ist die Menge aller Teilmengen von A:
(A) = { M | M ⊆ A}.
Beispiel:
({1, 2, 3}) = { ∅, {1}, {2}, {3}, {1, 2}, {1, 3}, {2, 3}, {1, 2, 3} }
(∅) = {∅}
Die Potenzmenge einer endlichen Menge mit n Elementen hat 2n Elemente. So hat z.B. die Potenzmenge der obigen 3-elementigen Menge 23 = 8 Elemente. Die Potenzmenge der leeren Menge (0 Elemente) hat 20 = 1 Element.
Definition: Das kartesische Produkt zweier Mengen A und B ist die Menge aller geordneten Paare von Elementen aus A bzw. B:
A × B = { (a, b) | a ∈ A, b ∈ B }.
Durch Paarbildung wird aus zwei Objekten ein neues Objekt gemacht, das Paar. Anders als bei der Mengenbildung kommt es hier jedoch auf die Reihenfolge der Komponenten an; die Komponenten brauchen auch nicht verschieden zu sein.
Die Paarbildung kann auf die Mengenbildung zurückgeführt werden, indem das geordnete Paar (a, b) als abkürzende Schreibweise für die Menge { {a}, {a, b} } angesehen wird (nach K. Kuratowski).
Zwei Paare (a, b) und (c, d) sind gleich, wenn a = c und b = d ist.
Definition: Das kartesische Produkt dreier Mengen A, B und C ist die Menge aller geordneten Tripel von Elementen aus A, B bzw. C:
A × B × C = { (a, b, c) | a ∈ A, b ∈ B, c ∈ C}.
Das n-fache kartesische Produkt einer Menge A ist die Menge aller n-Tupel von Elementen aus A:
An = A × . . . × A = { (a0, ..., an-1) | ai ∈ A, i = 0, ..., n-1}.
Es ist
A1 = A .
Aufgabe 1: (Mengenoperationen, Teilmenge)
Beweisen Sie formal, dass für beliebige Mengen A und B gilt
A ∩ B ⊆ A ∪ B
Hinweis: Beginnen Sie Ihren Beweis mit der Formulierung: "Sei a ∈ A ∩ B beliebig. Dann gilt..." und wenden Sie dann die Definitionen von Durchschnitt, Vereinigung und Teilmenge an.
Aufgabe 2: (Komplement)
Beweisen Sie mithilfe der oben angegebenen Rechenregeln für Komplemente von Mengen die entsprechenden dualen Regeln. Die dualen Regeln ergeben sich, indem G und ∅ sowie ∪ und ∩ vertauscht werden.
Aufgabe 3: (Potenzmenge)
Wie viele Elemente enthalten die Potenzmengen der Mengen A = {1} und B = {1, 2}?
Aufgabe 4: (Potenzmenge)
Für die leere Menge ∅ gilt
(∅) = { ∅ }
Erklären Sie den Unterschied zwischen den Mengen ∅ und { ∅ }.
Aufgabe 5: (Kartesisches Produkt)
Geben Sie das kartesische Produkt A × B der Mengen A = {1, 2} und B = {1, 2, 3} an. Überprüfen Sie, ob Ihr Ergebnis 2·3 = 6 Elemente enthält.
Aufgabe 6: (Kartesisches Produkt)
Sei 𝔹 = {0, 1}. Geben Sie 𝔹3 an.
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[Lan 21] H.W. Lang: Vorkurs Informatik für Dummies. Wiley (2021)
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